Schlechtes Arbeitszeugnis: Sie müssen sich wehren!
Das Arbeitszeugnis ist mehr als nur eine Bescheinigung über die Beschäftigungsdauer in einem Unternehmen. Es handelt sich um ein wichtiges Dokument, das Ihre berufliche Laufbahn nachhaltig beeinflussen kann. Ein negatives Zeugnis kann dementsprechend fatale Auswirkungen haben. Viele Arbeitnehmer wissen dabei gar nicht, dass sie gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis vorgehen können. Hier erfahren Sie, wie Sie sich gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis wehren und worauf es zu achten gilt.
Was ist ein Arbeitszeugnis und wie muss es aussehen?
Ein Arbeitszeugnis ist eine schriftliche Beurteilung Ihrer Leistung und Ihres Verhaltens als Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber. Es dient möglichen neuen Arbeitgebern als wichtige Informationsquelle und kann somit maßgeblich über Ihre Chancen für eine Neueinstellung entscheiden. Differenziert wird hierbei zwischen dem einfachen Arbeitszeugnis und dem qualifizierten Arbeitszeugnis. Ersteres enthält nur Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit, zweiteres enthält zusätzlich eine Bewertung Ihrer Arbeitsleistung und Ihres Sozialverhaltens.
In Deutschland haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, müssen dieses jedoch bei Ihrem Arbeitgeber explizit anfordern. Hier gilt zudem der Grundsatz der wohlwollenden Formulierung. Das Zeugnis muss vom Arbeitgeber wohlwollend formuliert werden, um Ihr berufliches Fortkommen nicht unnötig zu erschweren. So darf ein Zeugnis beispielsweise keine unklaren oder doppeldeutigen Formulierungen enthalten. Da das Zeugnis dennoch der Wahrheit entsprechen muss, sind Arbeitgeber oftmals dazu gezwungen, einen bestimmten Zeugniscode zu nutzen.
Darf es ein schlechtes Arbeitszeugnis überhaupt geben?
Grundsätzlich darf ein schlechtes Arbeitszeugnis eigentlich nicht existieren, da der Grundsatz der wohlwollenden Formulierung beachtet werden muss. Dennoch darf ein Zeugnis die Wahrheit auch nicht verschleiern, was Arbeitgeber in die unangenehme Situation bringt, eine eigene Zeugnissprache nutzen zu müssen. Diese Zeugnissprache enthält versteckte Formulierungen, die es dem Arbeitgeber ermöglichen, Kritik oder negative Beurteilungen auszudrücken, ohne dabei den oben genannten Vorgaben zu widersprechen. Im Rahmen einer Bewerbung kann ein Personaler diese Codes einfach entschlüsseln und somit eine echte Bewertung des Arbeitnehmers lesen.
Ein erkennbar schlechtes Arbeitszeugnis hingegen zeugt von einem Konflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und muss nicht akzeptiert werden. Hier ist es besonders wichtig, dass Sie sich gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis zur Wehr setzen. Denn die Zufriedenheit mit den Leistungen hat häufig nicht viel mit dem Arbeitszeugnis in einem solchen Fall zu tun. Meist ist es verletzte Eitelkeit, welche zu solch böswillig formulierten Zeugnissen führt. Ist das Arbeitsverhältnis zerrüttet, kann man von ehemaligen Kollegen oftmals Hinweise erhalten, wie der ehemalige Arbeitgeber auf einen zu sprechen ist. Dies hilft nicht nur, das Zeugnis besser einzuordnen, sondern auch, eine Korrektur durchzusetzen.
Woran erkennen Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis?
Ein schlechtes Arbeitszeugnis muss nicht auf den ersten Blick schlecht aussehen. Oftmals verstecken sich die negativen Bewertungen in scheinbar neutralen oder sogar leicht positiven Formulierungen. Typische Formulierungen in der Zeugnissprache sind unter anderem:
- Fehlende Standardformulierungen wie Schlussformeln und Dankesformulierungen können als Warnsignal verstanden werden.
- Selbstverständlichkeiten wie die Erledigung von Aufgaben oder die Pünktlichkeit werden betont.
- Leistungen werden passiv beschrieben, was auf mangelndes Engagement oder fehlende Eigeninitiative hinweisen kann. Hier steht dann beispielsweise, dass die Aufgaben erledigt wurden, anstelle von „Herr/Frau XY erledigte die Aufgaben zu unserer vollsten Zufriedenheit“.
- Einschränkungen wie „im Wesentlichen“, „weitestgehend“ oder auch „grundsätzlich“ können positive Aussagen abschwächen.
Zudem gibt es eine Art schriftliches Notensystem, welches in vielen Arbeitszeugnissen zu finden ist. In der Abstufung von gut zu schlecht gibt es folgende Formulierungen:
- stets zu unserer vollsten Zufriedenheit (sehr gut)
- stets zu unserer vollen Zufriedenheit (gut)
- zu unserer vollen Zufriedenheit (befriedigend)
- zu unserer Zufriedenheit (ausreichend)
- im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit (mangelhaft)
- war stets bemüht (ungenügend)
Es ist in jedem Fall ratsam, ein Zeugnis oder ein Zwischenzeugnis von einer erfahrenen Person prüfen zu lassen, welche mit den Feinheiten dieser Zeugnissprache vertraut ist. Fehler können bei einem Zeugnis immer vorkommen. Auch wenn das Arbeitsverhältnis von einer Seite beendet wurde, muss man nicht immer von Böswilligkeit ausgehen.
Müssen Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis akzeptieren?
Wenn Vorgesetzte Ihre Leistung nicht anerkennen und ein schlechtes Arbeitszeugnis ausstellen, müssen Sie als Arbeitnehmer dies nicht akzeptieren. Das Arbeitszeugnis und auch ein Zwischenzeugnis sind elementare Dokumente für die eigene Karriere. Sind Sie der Meinung, das Arbeitszeugnis entspreche nicht der Wahrheit oder sei nicht wohlwollend genug formuliert, haben Sie verschiedene Möglichkeiten.
- Suchen Sie das Gespräch mit dem Arbeitgeber. Sprechen Sie die Punkte an, welche Sie stören und mit denen Sie nicht einverstanden sind. Bitten Sie um eine Korrektur oder Änderung. Nicht jeder Vorgesetzte schreibt regelmäßig Zeugnisse für seine Mitarbeitenden und es kann somit auch zu unglücklich gewählten Formulierungen kommen, ohne dass eine böse Absicht dahintersteckt.
- Bieten Sie dem Vorgesetzten Formulierungsvorschläge an. Sie können auf zahlreiche Muster und Vorlagen zurückgreifen. Sie haben einen Anspruch darauf, dass Ihre Leistungen als Arbeitnehmer und Mitarbeiter angemessen gewürdigt werden.
- Führt das persönliche Gespräch nicht zum Erfolg, setzen Sie eine angemessene Frist für die Änderung. Eine Frist von zwei bis drei Wochen ist hier in der Regel üblich.
- Prüfen Sie rechtliche Schritte. Wenden Sie sich am besten an einen Anwalt für Arbeitsrecht. Dieser kann Sie umfassend beraten und auch das Zeugnis selbst nochmals auf Fehler prüfen. Eine Klage auf Zeugnisberichtigung kann ebenfalls vom Fachanwalt eingereicht werden. Denken Sie allerdings daran, dass es Fristen für solche Klagen gibt. Diese belaufen sich in der Regel auf drei Wochen ab Erhalt des Zeugnisses. Mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht kann ein schlechtes Arbeitszeugnis korrigiert werden.
- Sichern Sie Beweise und sammeln Sie relevante Dokumente und E-Mails, in denen Ihre Leistung und Ihr Verhalten am Arbeitsplatz dokumentiert wurden. Positive Leistungsbeurteilungen, Auszeichnungen und Aufzeichnungen über Beteiligungen an Projekten sind ebenso wichtig wie positive Rückmeldungen von Kunden oder Kollegen. Im Arbeitsrecht können all diese Elemente wichtige Funktionen erfüllen und Ihnen helfen, ein schlechtes Arbeitszeugnis effektiv zu bekämpfen. Sprechen Sie gerne mit ehemaligen Kollegen und holen Sie sich deren Rückmeldungen ein.
Ein schlechtes Arbeitszeugnis kann Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig mindern. Es ist Ihr Recht, sich gegen ein schlechtes Zeugnis zu wehren. Ihre Leistungen, Ihre Arbeitsleistung und auch Ihr Verhalten am Arbeitsplatz müssen mit ehrlichen Aussagen im Arbeitszeugnis dokumentiert werden.
Ein fair formuliertes Arbeitszeugnis ist der Baustein für Ihre erfolgreiche Karriere. Mit einem guten Arbeitszeugnis können Sie den nächsten Schritt wagen und eine Bewerbung schreiben. Für einen geeigneten Arbeitgeber gehen Sie auf unsere Jobbörse rz-stellen.de: Hier finden Sie eine große Auswahl an spannenden und passenden Stellenangeboten, die optimal zu Ihnen und zu Ihren Anforderungen passen.