Barrierefreiheit auf Karriereseiten – gesetzliche Pflicht
Digitale Barrierefreiheit wird zur Voraussetzung für modernes Recruiting. Seit dem 28. Juni 2025 verpflichtet das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) zahlreiche Unternehmen dazu, ihre Karriereseiten und Online-Bewerbungsformulare barrierefrei zu gestalten. Was bisher oft als freiwilliges Extra galt, wird damit zur rechtlich verbindlichen Anforderung – und zu einem entscheidenden Faktor für Inklusion im Bewerbungsprozess.
Warum digitale Barrierefreiheit im Recruiting unverzichtbar ist
Wer heute einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz sucht, nutzt in der Regel digitale Angebote. Für Menschen mit Behinderung – beispielsweise mit Seh- oder Mobilitätseinschränkungen – wird die digitale Bewerbung jedoch schnell zur Hürde, wenn Karriereseiten nicht barrierefrei gestaltet sind.
Dabei gilt: Digitale Barrierefreiheit ermöglicht nicht nur gleichberechtigte Teilhabe, sondern verbessert insgesamt die Usability – für mobile Nutzer, ältere Menschen oder auch Bewerber:innen mit vorübergehenden Einschränkungen.
Was das BFSG konkret fordert
Mit dem Inkrafttreten des BFSG gelten neue Standards zur digitalen Zugänglichkeit. Betroffen sind vor allem Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen online anbieten – und ihre Bewerbungsprozesse digital abwickeln. Diese müssen gewährleisten, dass ihre Karriereseiten den Anforderungen der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (EN 301 549) sowie der WCAG 2.1 AA-Standards entsprechen.
Was eine barrierefreie Karriereseite leisten muss
Eine barrierefreie Bewerbung beginnt bei der Zugänglichkeit von Informationen. Das bedeutet konkret:
- Kompatibilität mit Screenreadern für blinde und sehbehinderte Menschen
- Tastaturnavigation ohne Mausunterstützung
- Hohe Kontraste und skalierbare Schriftgrößen
- Einfache Sprache und Alternativtexte zu Bildern und komplexen Inhalten
- Untertitel oder Gebärdensprache bei Videos
- Vermeidung von blinkenden Elementen (z. B. zur Minimierung von Epilepsierisiken)
Auswirkungen auf das Personalmarketing
Barrierefreies Recruiting bedeutet mehr als gesetzeskonforme Technik. Es signalisiert Offenheit, Wertschätzung und Chancengleichheit. Unternehmen, die ihre Karriereseiten nicht rechtzeitig anpassen, riskieren nicht nur Bußgelder, sondern auch einen Reputationsverlust – und verlieren im schlimmsten Fall talentierte Bewerber:innen.
Barrierefreiheit als Benefit – auch ohne Pflicht
Auch wenn kleine Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden aktuell vom Gesetz ausgenommen sind: Eine freiwillige Umsetzung kann ein starkes Signal senden. Denn wer digitale Inklusion lebt, zeigt Haltung – und gewinnt an Arbeitgeberattraktivität.
Checkliste zur Umsetzung (nach WCAG 2.1):
Struktur & Navigation
✔ Logischer Aufbau
✔ Klare Menüführung
✔ Funktion mit Tabulator und Pfeiltasten
Text & Kontrast
✔ Ausreichende Schriftgröße und Kontrast
✔ Alternativtexte zu Bildern
✔ Texte in einfacher Sprache
Formulare & Bewerbung
✔ Bedienbarkeit mit Screenreadern
✔ Aussagekräftige Fehlermeldungen
✔ Barrierefreie Uploadfunktionen
Multimedia-Inhalte
✔ Untertitel, Transkripte oder Gebärdensprache
✔ Keine blinkenden Inhalte
✔ Alternative Bewerbungswege
Technik & Standards
✔ Responsives Design
✔ Prüfung nach EN 301 549 / WCAG 2.1 AA
✔ Barrierefreiheitserklärung auf der Seite
Empfehlungen für Unternehmen
- Status quo erfassen – z. B. mit Tools wie WAVE oder „axe DevTools“
- Prioritäten setzen – zuerst Bewerbungsformular und Stellenausschreibungen anpassen
- Feedback einholen – Testläufe mit betroffenen Nutzer:innen organisieren
- Verantwortung festlegen – klar definieren, wer für die Umsetzung zuständig ist
- Kommunikation etablieren – Fortschritte dokumentieren und transparent machen
Digitale Barrierefreiheit ist weit mehr als eine gesetzliche Auflage. Sie ist ein Ausdruck von Respekt, Vielfalt und Zukunftsfähigkeit im Recruiting. Wer jetzt handelt, schafft nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern öffnet die Tür zu einer inklusiveren Arbeitswelt – ab dem allerersten Klick.